Die Referenten und Mitglieder des Arbeitskreises Wirtschaft und Bildung (v.l.n.r.): Christian Ponzer, Brigitta Frauenknecht, Alfons Frey, Johann Liepold, Anton Haunsberger, Hans-Jörg Heidenreich und Alfons Geyer.

31.10.2019
„Jede Nachfolge ist individuell“

Zu seinem ersten Unternehmerforum lud der Arbeitskreis Wirtschaft und Bildung der FREIEN WÄHLER im Landkreis Eichstätt am vergangenen Dienstag ein. 42 Teilnehmer unter anderem aus Ingolstadt und Großmehring kamen nach Denkendorf,  um sich über das Thema „Betriebsübergabe“ zu informieren und anschließend zu diskutieren.  Ein besonderer Gast stellte sich im Anschluss vor: Alfons Frey, Landratskandidat der Freien Wähler, sprach über die Chancen und Ziele des Arbeitskreises Wirtschaft und Bildung. 

Johann Liepold aus Schernfeld begrüßte als Unternehmer und Gemeinderat die Gäste und zeigte sich gespannt auf den folgenden Vortrag. Alfons Geyer stellte anschließend den Arbeitskreis Wirtschaft und Bildung vor. Basis für die Gründung war ursprünglich der „Denkendorfer Unternehmer Stammtisch“, der im Jahr 2000 im Rahmen des ICE-Baus entstand. Ziel sei es damals gewesen, eine vertrauensvolle Kommunikation zwischen den Behörden, Baufirmen und Betroffenen aufzubauen. Heute sollen sich Unternehmer kennenlernen und über gemeinsame Interessen austauschen, um sich gegenseitig zu helfen. Denn Unternehmer haben es in seinen Augen schwer genug: unzählige Vorschriften, hohe Steuern, ein kompliziertes Arbeitsrecht, fehlende Lehrlinge und Fachleute sowie langwierige Baugenehmigungen. Aus diesem Grund sei angedacht, zwei Mal jährlich ein Treffen zu organisieren, das eines der wichtigen Themen aufgreift. Am Dienstag war es das Thema „Nachfolge planen – Erfolg sichern“. Alfons Geyer beschrieb es so: „Es gibt einen Zeitabschnitt, der auf uns alle zukommt: die Übergabe des Betriebs. Verkaufen oder Vererben – das eine ist schmerzhaft und das andere hart.“

Hans-Jörg Heidenreich kümmert sich als Betriebsberater der Handwerkskammer München um viele Betriebe, die ohne Nachfolger dastehen. Die Handwerkskammer stellt hier den Vermittler zwischen Unternehmen und potentiellen Nachfolgern dar. In seinem Vortrag erklärte er, dass sich eine Betriebsübergabe über fünf Jahre erstrecken kann und sich in verschiedene Phasen unterteilt. In erster Linie gehe es darum, die Sichtweisen von Unternehmer und Nachfolger zusammenzubringen und Kompromisse bei verschiedenen Interessen und Zielen zu finden. Dabei gebe es persönliche und betriebswirtschaftliche Aspekte. Zu den persönlichen Aspekten gehören beispielsweise Erbstreitigkeiten, zu den betriebswirtschaftlichen der Kaufpreis. Gleichzeitig müssen noch viele weitere Dinge geklärt werden, zum Beispiel, was nach der Übergabe mit den bestehenden Mitarbeitern passiert und inwiefern die aktuelle Kundendatenbank übernommen werden darf. Auch steuerliche und rechtliche Aspekte spielen hier eine Rolle. Am Ende lautete Hans-Jörg Heidenreichs Fazit: „Jede Nachfolge ist individuell und braucht deshalb ein eigenes Konzept.“

Nach dem Vortrag stellte sich der Landratskandidat der FREIEN WÄHLER, Ministerialrat Alfons Frey, vor. Nach seinem Wirtschaftspädagogikstudium arbeitete er 20 Jahre lang in der Berufsschule in Eichstätt. Über die Berufsschule erhielt er einen Einblick in rund 600 Betriebe, die die Lehrlinge auf das Berufsleben vorbereiteten. In seinen Augen sei das Wissen und Können der Bürger der wichtigste Rohstoff. Aus diesem Grund habe er verschiedene Projekte in Eichstätt gestartet. So unterstützt die Berufsschule Lehrlinge bei der Existenzgründung. Auch Jugendliche ohne Ausbildungsvertrag oder aus schwierigen Verhältnissen erhalten Hilfe über ein Projekt. Die Berufsschule kämpfe mit der Akademisierung genauso um Nachwuchs wie die Handwerksbetriebe, weshalb eine Vernetzung zwischen Mittelschulen, weiterführenden Schulen und Berufsschule zwingend notwendig sei. Um eine gute Bildung zu garantieren, habe man in der Berufsschule in Eichstätt auch ein Qualitätsmanagementsystem eingeführt. Als Ministerialrat im Kultusministerium trage er die Verantwortung über 200 Schulen und 5000 Lehrer sowie für die kaufmännische berufliche Bildung. So sei das Thema E-Commerce, also Onlinehandel, ein wichtiger Punkt, mit dem sich Unternehmer in seinen Augen auseinandersetzen müssen. Im Rahmen von Wirtschaft 4.0 verschwimmen der kaufmännische und der technische Bereich immer mehr, sodass entsprechende Ausbildungsberufe gefragt seien. Als Fazit betonte Frey: „Stillstand ist Rückschritt. Wir müssen Chancen erkennen und ergreifen. Dazu gehört es auch, dass wir alles, was wir tun, professionell tun.“ Zu den Chancen zählt er die Digitalisierung, die aktuell viele Unternehmer bewegt, und Kooperationen zwischen verschiedenen Institutionen, die einen Wissensaustausch ermöglichen.

Das Schlusswort übernahm Anton Haunsberger, Fraktionsvorsitzender der FREIEN WÄHLER im Landkreis Eichstätt. Er bedankte sich bei den Referenten und hoffe, dass die Gäste die Gelegenheit nutzen, um etwas zu bewegen. Er leitete die anschließende Diskussionsrunde. Die Teilnehmer gingen hier unter anderem auf das Thema der Digitalisierung ein. Sie hätten dazu gerne weitere Veranstaltungen, um über Fördermöglichkeiten zu sprechen, insbesondere auch den Digitalbonus des Freistaats Bayern. Ein weiterer wichtiger Punkt waren die fehlenden Lehrlinge und warum man den Beruf des Handwerkers nicht wieder mehr schätzen lehrt. Laut Hans-Jörg Heidenreich gebe es hier schon viele Imagekampagnen, denn Handwerker seien unverzichtbar in unserer Gesellschaft. Zur Nachfolge im Betrieb fragten sich die Gäste, ob auch Quereinsteiger ein Unternehmen weiterführen könnten. Hans-Jörg Heidenreich erklärte, dass das nur schwer möglich sei wegen der Meisterpflicht.

Für die Zukunft gebe es laut Anton Haunsberger bereits viele Ideen für Veranstaltungen des Arbeitskreises „Wirtschaft und Bildung“, zum Beispiel zur Gesundheitsbranche, zum Thema „Berufsschule“ oder zur Digitalisierung.